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Die Frau aus dem Osten
Das offizielle Ende des Pfälzer Waldpfads ist das Deutsche Weintor in Schweigen, nicht weit von der französischen Grenze.
Wir wollten das Ende unserer Wanderung mit einem Foto von uns vor dem Weintor dokumentieren.
Dirk fragte zwei ältere Frauen, ob sie uns fotografieren könnten.
Die beiden begannen daraufhin, auf französisch zu parlieren.
Plötzlich fragte mich die eine auf deutsch "Kommst Du auch aus dem Osten?".
Verdutzt antwortete ich "Ja, aus Danzig".
Sie sagte "Ich komme aus Oppeln", offensichtlich erfreut, jemanden aus dem "Osten" getroffen zu haben.
Anschließend klappte es auch mit dem Fotografieren, und wir gingen durch das Weintor in eine Weinwirtschaft, um unseren Erfolg mit einem Schoppen zu würdigen.
Offen blieb allerdings die Frage, ob die schlesische Französin uns auch fotografiert hätte, wenn ich nicht mit "Ja" geantwortet hätte.
Das kleine Kind
Vor einiger Zeit ging ich zu Fuß durch unsere kleine Stadt, um einen Brief zur Post zu bringen.
Es war ein ziemlich trister, grauer Nachmittag.
Unterwegs stand eine Mutter mit ihrem etwa zweijährigen Kind auf dem Bürgersteig. Ich winkte ihm verstohlen zu.
Als das Kind das sah und auf sich bezog, ging ein Strahlen über sein Gesicht, ein Strahlen, das mein Herz weit öffnete.
Und der triste, graue Nachmittag war plötzlichgar nicht mehr so trist.
Bewirkt von einem Kindergesicht.
La batteria de mi coche es abajo
Bei einer meiner Funkaktivitäten in Spanien bin ich in Richtung Madrid gefahren, um die Provinz Cuenca zu aktivieren.
Kurz hinter der Grenze zwischen Valencia und Cunca bin ich von der Autobahn runter und habe Ausschau
nach einem ruhigen Plätzchen gehalten.
Das fand ich dann auf einem Hügel, etwa 100m von der Landstraße entfernt.
Also Antenne aufgebaut, Funkgerät und Stromversorgung (aus der Autobatterie) verbunden und los ging es.
Bei Verbindung Nummer 46 (50 brauche ich) hatte ich einen katholischen Geistlichen im Ruhestand an der Strippe,
der einfach kein Ende fand.
Als es dann doch soweit war und ich auf die Spannungsanzeige am Funkgerät sah, ahnte ich Böses.
Die Spannung war auf unter 12V abgesunken.
Meine Befürchtung wurde leider bestätigt, beim Umdrehen des Zündschlüssels gab der Anlasser nur ein leises Knurren von sich.
Was tun? Es fing an zu dämmern, ich stand mit meinem Auto weitab von der Straße,
und meine Spanischkenntnisse waren marginalster Art.
An der Straße fuhr alle zehn Minuten ein Auto vorbei, ja, leider vorbei, keins hielt auf mein Winken an.
Endlich hielt doch ein Land Rover an, der Fahrer öffnete die Scheibe einen Spalt,
und ich sagte zu ihm: "La batteria de mi coche es abajo",
was soviel heißt wie "Die Batterie meines Autos ist am Boden".
Er fragete mich etwas, aus dem ich nur das Wort "Kabel" verstand. Ja, ein Starthilfekabel hatte ich dabei.
Er folgte mir auf dem Feldweg zu meinem Auto und stellte sich daneben.
Die Batterie in seinem Auto befand sich unterhalb der Windschutzscheibe, es war schon ziemlich dunkel,
und er konnte dort nichts sehen.
Er fragte nach einer Lampe, und auch damit konnte ich dienen, denn ich hatte drei Wochen vorher bei Aldi eine Dynamolampe gekauft und auch schon aufgeladen.
Um es kurz zu machen, die Starthilfe klappte auf Anhieb, und ich bedankte mich vielmals bei dem freundlichen Helfer. Er verabschiedete sich und fuhr davon.
Ich jedoch nicht, denn ich brauchte ja noch vier Verbindungen. Also wieder ran ans Funkgerät und die vier Verbindungen unter Dach und Fach gebracht, natürlich bei laufendem Motor.
Dann alles abgebaut, meine Schwester informiert, dass es heute später werden würde und die Heimfahrt angetreten.
Der zerbrochene Stuhl
Vor langen Jahren, als wir noch bei der Marine waren, war Dirk bei den Marinefliegern in Kiel stationiert.
Eines Tages fand in den Räumlichkeiten dort eine Feier statt, und bei solchen Gelegenheiten war es durchaus nicht unüblich, das eine oder andere alkoholische Getränk zu sich zu nehmen.
Zu fortgeschrittener Stunde, als der Alkoholpegel schon ordentliche Werte erreicht hatte, lümmelten sich zwei Kameraden von Dirk auf einem Sessel. Dirk nahm Anlauf und wuchtete sich als Dritter darauf.
Diesem Ansturm war das Möbel nicht gewachsen und brach zusammen.
Da es sich ja um Bundeseigentum handelte, musste Dirk am nächsten Tag zum Spieß. Beide zusammen setzten ein Protokoll auf, in dem es u. a. hieß
"Ich setzte mich auf einen Stuhl, auf dem bereits zwei Soldaten Platz genommen hatten".
Dieses Protokoll schickte Dirk an seine Versicherung zwecks Übernahme der Kosten in Höhe von 70 DM.
In dem Antwortschreiben der Versicherung stand folgender Satz: "In Anbetracht der geringen Schadenshöhe verzichten wir auf eine nähere Unersuchung dieses ominösen Vorfalls".
Die Geburtsurkunde
Ich wurde 1942 in Danzig geboren und kam im August 1945 mit einem Kindertransport nach Berlin zu Verwandten. Meine Mutter ist in Danzig gestorben, mein Vater war in sowjetischer Kriegsgefangenschaft.
Eine Geburtsurkunde hatte ich nicht, nur Bescheinigungen der Standesämter Berlin-
Nach Aussage meiner Verwandten hatte ich am 11. September Geburtstag.
Als mein Vater 1949 aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, sagte er, das wäre Unsinn, ich wäre am 10.September geboren.
Also feierte ich von Stund an am 10. meinen Geburtstag.
Als ich mich zur Bundeswehr meldete, musste ich ein Geburtsurkunde vorlegen, die ich aber nicht hatte.
Also gingen mein Vater und ich zu einem Notar und gaben eidesstattliche Erklärungen ab.
Die Urkunde vom Notar war dann meine Geburturkunde.
Jahre später bekannte mein Vater, dass er sich nicht mehr sicher sei über meinen Geburtstag am 10. September.
1990 besuchten meine Frau und ich Danzig und fuhren auch in meinen Heimatort St. Albrecht.
Dort kamen wir in Kontakt mit einer deutschstämmigen Frau die uns sagte, dass in Danzig alle Unterlagen vorhanden seien und sie schon unzählige Geburtsurkunden beschafft hätte.
Also sind wir am nächsten Tag zum Standesamt. Das war in einem riesigen Ämtergebäude, und die junge Frau an der Information sprach nur polnisch.
Meine Frau sagte wir müssten einen älteren Menschen finden, der Deutsch könne. Wir fanden auch einen äleren Herrn mit Krückstock und fragten ihn, ob er Deutsch spreche.
Er anwortete "Wie soll ich nich Deutsch sprechen, bin ich doch alter Danziger. Kann ich Ihnen helfen?".
Ja, sagten wir, wir wollten eine Geburturkunde bekommen. "Dann müssen wir zum Standesamt, da wo die Hochzeiten sind."
Er wusste aber auch nicht, wie es zum Standesamt ging, und als es ihm zu viel wurde mit dem Treppauf/Treppab, ist er einfach in ein Zimmer gegangen und hat der dort sitzenden Frau erklärt, dass er das Zimmer nicht eher verlassen würde, bis sie uns zum Standesamt führt.
Nach einigem Hin und Her stand die Frau und führte uns tatsächlich zum Standesamt.
Dort ging es dann relativ schnell, meine Frau hielt sogar das Geburtsregister in Händen.
Die spannende Frage war aber nun, wann ich denn nun geboren bin. Der erste Gedanke meines Vaters war der richtige, mein Geburtstag war der 10. September.
Wir mussten noch Gebührenmarken kaufen und sollten am übernächsten Tag wiederkommen, Nein, das geht nicht, da sind wir nicht mehr hier. Gut, dann morgen.
Wir sind zum Ausgang gegangen und unser freundlicher Helfer fragte, ob er denn morgen widerkommen solle. Ja, wenn Sie Zeit haben, wäre es schön. "Wie soll ich nicht Zeit haben, bin ich doch Rentner" war seine Antwort.
Also verabredeten wir uns für den nächsten Tag und drückten ihm zum Abschied 10 Mark in die Hand. Die steckte er in die Tasche und wir trennten uns.
Als wir am nächsten Tag zu dem Ämtergebäude kamen, wartete er schon, stürzte auf uns zu und küsste meiner Frau die Hand.
Er hätte ja gestern gar nicht gesehen, was wir ihm gegeben haben, als er seiner Frau die 10 Mark gezeigt habe, hat sie gesagt, dass er aber Glück gehabt habe.
"ja" sagte er zu seiner Frau "ich habe auch die Glücksleute getroffen".
Wir sind dann zum Standesamt, haben die Geburturkunde geholt (natürlich auf polnischem Vordruck) und haben uns von unserem Helfer verabschiedet.
Die Urkunde hängt jetzt schön gerahmt als Andenken in meinem Zimmer.